KIT-Doppeldiplom-Studentin im Interview mit CampusFrance
Ann-Christin Walk, Maschinenbaustudentin im 9. Semester am KIT, war mit dem Doppeldiplomprogramm von KIT-DeFI zwei Jahre in Frankreich, an der Arts et Metiers ParisTech - Metz. Im Interview mit CampusFrance berichtet sie über ihre Erfahrungen mit dem Auslandsstudium, ihr Motivation nach Frankreich zu gehen und warum sie auch nach dem Studium weiter im deutsch-französischen Kontext arbeiten möchte.
Hier das Interview:
CampusFrance: Vor Ihrem Abitur hatten Sie ja bereits ein Jahr an einem Gymnasium in Frankreich verbracht. War das der Grund für Sie, später in Frankreich zu studieren?
Ann-Christin Walk: Ja. Das hat sich dadurch ergeben, dass es mir in der Schule dort sehr gut gefallen hat. Deshalb habe ich mir gesagt, dass ich im Studium auf jeden Fall wieder nach Frankreich will. Und ich habe mich dann, bevor ich in Deutschland zu studieren angefangen habe, informiert, welche Universitäten deutsch-französische Doppeldiplomstudiengänge für Maschinenbau anbieten. Da habe ich mich für Karlsruhe entschieden, das ja schon nahe an Frankreich liegt.
CF: Sie haben erst ein Mal zwei Jahre Maschinenbau auf Vordiplom in Karlsruhe studiert, bevor Sie den von der Deutsch-Französischen Hochschule geförderten Studiengang in dieser Fachrichtung begonnen haben. Worin bestanden die Aufnahmebedingungen?
ACW: Es ist bei uns so, dass es im 3. Semester eine Informationsveranstaltung gibt, da werden die Kriterien erklärt. Man muss überdurchschnittlich gute Noten haben, aber im Maschinenbau heißt das nicht, dass man überall eine 1,0 braucht. Der Schnitt liegt eher im Dreierbereich. Es geht vor allem darum, dass man alle Prüfungen bestanden haben sollte. Dann muss man natürlich auch ein gewisses Französisch-Niveau haben, Voraussetzung ist, glaube ich, fünf Jahre Französisch in der Schule, damit man zumindest das Wesentliche in Frankreich versteht. In meinem Jahrgang waren wir an Deutschen aus Karlsruhe neun. Auf französischer Seite sind es mehr, um die 18. Insgesamt gibt es, glaube ich, 25 Plätze für Deutsche und 25 Plätze für Franzosen.
CF: Wie sah dann der Unterrichtsablauf in Frankreich aus? Empfanden Sie die Umstellung als schwierig?
ACW: Ich war ja an der Grande Ecole* [in diesem Fall Ecole Nationale Supérieure des Arts et Metiers ParisTech – Centre de Metz, Anm. v. CampusFrance] und nicht an der Uni, d.h. es war eher wie in Klassen an der Schule. Da gab es zwei Klassen, in denen dann sowohl Deutsche als auch Franzosen dieses Studiengangs waren. Die Franzosen, die in meiner Klasse waren, sind jetzt mit mir nach Karlsruhe gekommen. Schwierig war es eigentlich nicht, aber es ist schon anders, dort zu studieren. Man hat in jeder Veranstaltung Anwesenheitspflicht, was ja in Deutschland gar nicht so ist, und der Stundenplan ist auch deutlich voller. Wir hatten jeden Tag acht Stunden, bis auf Donnerstag Nachmittag. Es gab regelmäßig Tests, in den einzelnen Fächern, man musste in sehr kurzer Zeit den Stoff lernen. Was in Deutschland anders ist, da kann man theoretisch das ganze Semester an sich vorüber gehen lassen, und dann lernt man zwei Wochen für die Prüfungen. In Frankreich muss man die ganze Zeit am Ball bleiben, und hat mehr Stress, Belastung nebenbei. Ich glaube, es ist auf jeden Fall ein Vorteil, dass man dies kennenlernt und deutsche und französische Arbeitsweise kombinieren kann. Und was auch noch ein großer Unterschied war, speziell für die Arts et Metiers Paris, dass wir sehr viele praktische Sachen gemacht haben.
CF: Worin besteht für Sie der Hauptunterschied zwischen der deutschen und französischen Arbeitsweise?
ACW: Die Deutschen sind sehr genau, was ja auch oft sehr wichtig ist, z.B. bei Berechnungen. Die Franzosen sind aber viel schneller. Sie können sehr effektiv arbeiten, dafür machen sie halt manches nicht so sehr genau, treffen Annahmen oder nehmen vereinfachte Formeln. Aber manchmal braucht man eben beides, vor allem, wenn man unter Zeitdruck arbeiten muss. Es hat seine Vor- und Nachteile, aber es ist wichtig, dass man weiß, was in welcher Situation angemessen ist.
CF: Es handelte sich ja, wie Sie schon sagten, um eine Grande Ecole. Die französischen Studenten müssen erst mal eine Aufnahmeprüfung bestehen, um überhaupt dort studieren zu dürfen. Wie haben Sie das empfunden, gab es großen Druck an der Schule? Und wie gestaltete sich der Kontakt zu den französischen Kommilitonen?
ACW: Es ist ja so, dass die französischen Studenten dort vorher in einer classe préparatoire* waren, die für die sehr stressig ist, und haben sie ein Mal die Aufnahmeprüfung geschafft, dann sind sie eher entspannt. Die Noten zählen für die Franzosen nicht so sehr, die müssen das Jahr schaffen, die Prüfungen bestehen. Aber für die Deutschen ist es ja nachher wichtig, ein gutes Diplom zu haben. Dadurch, dass wir an Arts et Metiers ParisTech nur die Franzosen plus wir Deutschen waren, waren wir sofort bei den Franzosen integriert, ganz stark. Das hat sehr gut geklappt, aber das liegt auch an der Struktur dieses Doppeldiploms. Die Franzosen helfen einem sehr gerne, wenn man da hinkommt, aber weil sie auch möchten, dass man ihnen hilft, wenn sie nach Deutschland kommen. Das beruht so ein wenig auf Gegenseitigkeit – aber das ist, glaube ich, ein großer Vorteil dieses Doppeldiploms im Vergleich zu Erasmus.
CF: Es stimmt ja, dass man von Erasmus-Studenten ja oftmals hört, dass es eher schwierig ist, Kontakte zu den Einheimischen zu knüpfen. Was hat Ihnen sonst noch besonders gefallen – oder auch weniger?
ACW: Positiv war auf jeden Fall das Praktische. Wir hatten da vier ateliers: z.B. eine Gießerei, dann ein atelier, da konnte man schweißen und tiefziehen, auch ein Atelier für die Zerspanung. Da hat man wirklich Teile produziert. Also ich habe z.B. in meinem zweiten Studienjahr dort mit einer Gruppe von sechs anderen Studenten ein Projekt gemacht. Wir haben selbst eine Zahnradpumpe zunächst auf dem Computer gezeichnet, dann optimiert, bezogen auf das Gewicht, damit sie möglichst leicht ist. Danach haben wir Simulationen am Computer gemacht: wie der Gussprozess nachher ablaufen wird, wo muss man den Steiger positionieren – und dann haben wir das Teil selber gegossen und geguckt: was haben wir vorher vielleicht falsch gemacht? Was hätten wir vorher vielleicht mehr beachten müssen? Es ist sehr praxisnah im Vergleich zu Deutschland, wo man eher viel in der Theorie präsentiert bekommt, aber nicht weiß, wie das nachher in der Praxis funktioniert – das ist auf jeden Fall ein Vorteil. Vielleicht lernt man weniger theoretische Sachen, aber dafür ist es sehr viel konkreter. Und was auch noch ein Vorteil war, wie ich finde, speziell an der Arts et Metiers ParisTech: wir waren relativ wenig Studenten, insgesamt glaube ich nur 300. Und dadurch ist die Beziehung zu den Professoren ganz anders als an der Universität. Es gibt bei den Professoren keine Sprechstunden, man kann eigentlich immer hingehen und fragen.
CF: Alles in allem dauerte die Studienzeit in Metz 3 Semester, gab es so etwas wie eine Abschlussprüfung oder –arbeit?
ACW: Ja, die Studienarbeit musste auf Französisch sein. 50% hat der schriftliche Teil gezählt und dann musste ich in Metz noch eine einstündige Präsentation auf Französisch darüber machen. Die meisten Studenten machen diese Studienarbeit an der Arts et Metiers ParisTech, also in der Forschung zu einem bestimmten Thema. Ich hatte mich entschieden, in die Industrie zu gehen und hatte mich bei der Firma Kärcher beworben, und habe dann zum Thema „Optimierung eines Hochdruckreinigers“ gearbeitet. Ich war dort in der Konstruktions- und Entwicklungsabteilung von Kärcher in Italien. Wir haben da in der Abteilung Probleme behandelt, die direkt in der Produktion aufgetreten sind. Zum Beispiel, wenn festgestellt wird, dass ein Teil beim Zusammenbau immer kaputt geht, dann muss schnell etwas in der Zeichnung geändert werden, das neu simuliert werden, damit neue Teile angefordert werden. Was für mich schwierig gewesen ist, war, dass ich mit den Kollegen dort Englisch bzw. Italienisch gesprochen habe und dann ja trotzdem auf Französisch schreiben musste – was dann mit den Fachbegriffen nicht immer einfach ist.
CF: Können Sie Metz als Stadt auch anderen zum studieren empfehlen? Was finden Sie besonders erwähnenswert?
ACW: Das Centre Pompidou-Metz, das ja neu eröffnet wurde, als ich da war! Aber auch die Stadt an sich, die hat einfach so ein schönes Flair, mit kleinen Gassen, wo man schön bummeln kann – es gibt alles, Theater, Kinos, aber alles nah beieinander, da die Stadt ja nicht groß ist. Auch ein schöner Weihnachtsmarkt. Ich finde, man merkt jetzt nicht so stark den deutschen Einfluss, trotz der Nähe zur deutschen Grenze. Außer vielleicht zum Weihnachtsmarkt, aber sonst hat man schon das Gefühl, in Frankreich zu sein!
CF: Sie studieren gerade wieder in Karlsruhe und sind dabei Ihr Studium abzuschließen. Könnten Sie sich danach vorstellen, eventuell in Frankreich zu arbeiten?
ACW: Ja, dann schließe ich mit einem deutschen und französischen Diplom ab, dem Diplôme d’Ingénieur. Ich kann mir auf jeden Fall vorstellen, auch in Frankreich zu arbeiten. Es gibt ja teilweise auch deutsch-französische Forschungszentren oder Firmen. Ich möchte auf jeden Fall etwas in diese Richtung machen, da es mir sehr viel Spaß macht, mit Franzosen zusammenzuarbeiten und auf Französisch zu reden. Ich finde es auch sehr bereichernd, man hat andere Denkweisen, und dadurch erweitert sich der ganze Raum, mit dem man Lösungen finden kann.
CF: Insgesamt konnten Sie also durch diesen Austausch viel dazulernen und neues entdecken! Dann bedanken wir uns sehr für das informative Interview und wünschen Ihnen auch weiterhin alles Gute und viel Erfolg!
Das Interview wurde von Viktor Landenberger geführt.